14.11.2025

Lizzy Herzer
Exklusive Einblicke von der Health Inspiration Conference 2025: KI-Trends, Longevity-Strategien und digitale Transformation im deutschen Gesundheitswesen.
Longevity-Lücke: Wenn Biologie und Lebenserwartung auseinanderklaffen
"1925 war das Durchschnittsalter der Menopause bei 57 und die Lebenserwartung der Frauen bei 59. Heute liegt das Durchschnittsalter bei 51 und die Lebenserwartung bei 84." Diese Zahlen von Dr. Valerie Kirchberger, Co-CEO und Gründerin von Evela Health GmbH, verdeutlichten einen wichtigen Punkt auf der 2. Health Inspiration Conference am 13. November 2025 in Leipzig.

Als ich morgens den Empfang mit Frühstückssnack im Veranstaltungsort in der Hainstraße betrat, erwartete mich ein Tag voller praxisnaher Diskussionen über die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens. Die von Susanne Pollak (Geschäftsführerin, Gesundheitsforen Leipzig GmbH) und den Unboxing Healthcare-Gründern Dr. Tobias Krick und Björn Zeien organisierte Konferenz brachte Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen.
Longevity beginnt in den Wechseljahren: Ein Paradigmenwechsel
Dr. Valerie Kirchbergers Vortrag "Gesunde Langlebigkeit für Frauen" machte deutlich: Der biologische Schutz endet 30 Jahre bevor das Leben endet. "Die wichtigsten Themen sind neben üblichem Sport: Gewichtstraining, ballaststoffreiches, proteinhaltiges gesundes Essen und eine menopausale Hormontherapie", erklärte sie mit Blick auf Knochendichte, Gefäßschutz, Kognition, Stimmung und Stoffwechsel.
Ihr Vortrag traf einen Nerv und bestätigte meine eigene Erfahrung: "Es ist ein Drama, dass Wechseljahrsbeschwerden und die Maßnahmen dagegen so wenig kommuniziert werden. Jede Frau fällt plötzlich in ein Östrogen-Loch und rennt von Arzt zu Arzt mit zig Beschwerden." Die Folgen sind gravierend – nicht nur für das Gesundheitssystem, sondern auch für Arbeitgeber und die gesamte Wirtschaft.

Dr. Kirchberger bestätigte ein strukturelles Problem: Im Medizinstudium werden Wechseljahrsbeschwerden bisher nicht gelehrt. Das Ergebnis: Viele Frauen sind falsch oder überhaupt nicht informiert. Erst durch eigene Recherche – oft nach dem Lesen mehrerer Fachbücher – können Betroffene fundierte Entscheidungen für ihre Gesundheit treffen. Mein Gedanke: "Aber was, wenn man keinen Zugang zu Fachliteratur hat und die Gesundheitskompetenz nicht groß ist?" Hier setzt Evea an.
Das war übrigens ein Begriff, der immer wieder fiel: Mangelnde Gesundheitskompetenz durch mangelnde Information und Bildung. Ein systemisches Problem, das weit über die Wechseljahre hinausgeht.
Die anschließende interaktive Paneldiskussion "Longevity vs. Prävention aus Sicht der Krankenversicherung" mit Andrea Galle (Vorständin, mkk – meine krankenkasse) und Dr. Anke Schlieker (Projektleitung Gesundheitsversorgung, PKV Verband) beleuchtete diese Perspektive aus Kostenträgersicht.
KI-Potenziale ohne Datengefährdung: Der Balanceakt gelingt
René Herzers Vortrag "KI im Gesundheitswesen: Wie lassen sich die enormen Potenziale von KI nutzen, ohne dabei Patientendaten zu gefährden?" zeigte, dass dieser scheinbare Widerspruch lösbar ist. Der Gründer und Geschäftsführer der basebox GmbH demonstrierte praxisnahe Ansätze für den sicheren Einsatz von KI-Technologien.


Die anschließenden Inspiration Tables boten die perfekte Gelegenheit für vertiefende Diskussionen. Partner wie Deutsche Telekom MMS GmbH, adesso SE, azuma healthtech GmbH und TEDIRO Healthcare Robotics GmbH teilten ihre praktischen Erfahrungen in den Bereichen Krankenhaus, Gesetzliche und Private Krankenversicherung sowie Pharmaindustrie.
Die ePA für alle: Deutschlands digitaler Gesundheitssprung
Nach dem gemeinsamen Mittagessen sorgte Brenya Adjei, Mitglied der Geschäftsführung der gematik GmbH, mit ihrem Vortrag "Transforming Healthcare: Perspektiven und Impulse der gematik Geschäftsführung" für Klarheit über die elektronische Patientenakte (ePA).

Seit Anfang 2025 wird die ePA für alle gesetzlich Versicherten automatisch eingerichtet – es sei denn, sie widersprechen aktiv. Der Fahrplan für 2026 ist ambitioniert: Elektronischer Medikationsplan, Push-Nachrichten, Volltextsuche, Sekundärnutzung pseudonymisierter Daten für die Forschung und mobiler Zugriff auf die Telematikinfrastruktur für Telemedizin und Hausbesuche.
Mauern einreißen: Die Zukunft der Sektorengrenzen
Die Paneldiskussion "Die Langlebigkeit des Gesundheitswesens – Wie können wir das Gesundheitswesen menschenzentrierter machen?" brachte hochkarätige Experten zusammen: Brenya Adjei, Dr. med. Peter Gocke (Leitung Stabsstelle Digitale Transformation, Charité – Universitätsmedizin Berlin) und Corinna Beutel (Beauftragte des Vorstandes und Geschäftsbereichsleiterin, AOK Sachsen-Anhalt).
Besonders einprägsam war Jascha Rinkes Antwort auf Dr. Tobias Kricks Frage, was er am System ändern würde: "Ich würde die Mauer zwischen ambulantem und stationärem Sektor einreißen. Damit meine ich nicht die Abschaffung der beiden Ebenen. Aber die starre Trennung muss weg, damit Leistungserbringer sich dort flexibel vernetzen können, wo konkret Bedarf entsteht."
Dr. Gocke ergänzte: "Wir brauchen definitiv mehr Telemedizin." Corinna Beutel brachte es auf den Punkt: "Digitales muss immer analoges unterstützen."

KI-Vorreiter AOK Bayern: "Wer wartet, fällt zurück"
Dr. Thomas Pöppe, Geschäftsbereichsleiter Digitalisierung, IT und Prozesse bei der AOK Bayern, bewies mit seinem Vortrag "Von Regularien zu Resultaten: Wie die GKV mit KI Effizienz schafft und Versorgung sichert", dass deutsche Krankenkassen bei KI durchaus Vorreiter sein können.
Seine klare Botschaft: "Die Konkurrenz schläft nicht – wer wartet, fällt zurück. Bei 'Digital' mussten wir aufholen, bei 'KI' werden wir vorne dabei sein!" Diese Haltung zeigt, wie sich die Mentalität im deutschen Gesundheitswesen wandelt.

Roboter als Physiotherapeut: Innovation gegen Fachkräftemangel
Ein interessanter Einblick kam von TEDIRO Healthcare Robotics: Ihr Therapie- und Diagnoseroboter THERY unterstützt Patienten beim selbstgesteuerten Gangtraining mit Unterarmstützen. Angesichts des dramatischen Fachkräftemangels bei Physiotherapeuten eine wichtige Entwicklung.
Die mobile Therapie-Plattform gibt Korrekturvorschläge und begleitet Patienten beim selbstständigen Üben – eine CE-zertifizierte Lösung, die bereits auf dem EU-Markt verfügbar ist.

Junge Führung im Fokus: Inspiration für die nächste Generation
Den Abschluss bildete eine Live-Podcast-Aufnahme "Das Krankenhaus der Zukunft" mit dem Thema "Führung der Zukunft im Krankenhaus". Dr. Tobias Krick führte ein inspirierendes Gespräch mit Milena Mack, stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist.
Macks authentische Art zu sprechen und ihre klaren Visionen ließen keinen Zweifel daran, warum sie bereits in jungen Jahren eine Führungsposition innehat. Ihre Perspektiven auf moderne Krankenhausführung waren erfrischend und zukunftsweisend.

Meine wichtigsten Takeaways
Nach einem intensiven Konferenztag kristallisierten sich für mich vier zentrale Erkenntnisse heraus:
Erstens: Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist nicht mehr Zukunftsmusik, sondern Gegenwart. Die ePA für alle und KI-Anwendungen wie bei der AOK Bayern zeigen: Deutschland holt auf.
Zweitens: Sektorengrenzen werden zunehmend zum Hindernis. Die Forderung nach flexibleren Strukturen zwischen ambulant und stationär wird lauter.
Drittens: Prävention muss neu gedacht werden. Dr. Kirchbergers Longevity-Ansatz für Frauen ist nur ein Beispiel dafür, wie evidenzbasierte Medizin traditionelle Denkweisen herausfordert.
Viertens: Gesundheitskompetenz ist der Schlüssel. Das Informationsdefizit bei Wechseljahrsbeschwerden zeigt exemplarisch, wie wichtig fundierte Aufklärung für effektive Gesundheitsversorgung ist – und wie problematisch es wird, wenn Menschen keinen Zugang zu verlässlichen Informationen haben.

Ausblick: Vernetzen Sie sich mit der Healthcare-Community
Die Health Inspiration Conference hat gezeigt, dass das deutsche Gesundheitswesen bereit für den nächsten Digitalisierungsschub ist. Die Kombination aus fachlicher Expertise, praktischen Lösungsansätzen und dem Mut zu neuen Wegen macht Hoffnung.

Sind Sie bereit für die digitale Transformation in Ihrer Healthcare-Organisation? Lassen Sie uns gemeinsam die Erkenntnisse dieser Konferenz in konkrete Schritte übersetzen. Kontaktieren Sie uns für einen unverbindlichen Austausch über KI-Potenziale in Ihrem Bereich.

Weitere Informationen zur Health Inspiration Conference finden Sie unter www.gesundheitsforen.net
Bleiben Sie auf dem Laufendem

